Nicht Annehmen ist eine Ausstellung mit Arbeiten von KünstlerInnen, die in diesem Jahr nicht zum Studium Bildende Kunst and der UdK zugelassen wurden.*
Die Ausstellung auf den Pinnwänden des UdK Hauptgebäudes ist ein Versuch des Hinterfragens – organisiert von Studierenden der Universität – ein spontanes Zusammenkommen von Angenommenen und Nichtangenommenen, ein schnelles Hinwegschreiten über die unsichtbare Grenze im Kopf. Und eine Preisgabe von nicht gern Gesehenem gegenüber den Augen der Öffentlichkeit: ein kurzes Kopfschütteln an der Pforte der Institution Kunst. Die gezeigten Arbeiten werden sicherlich zur kritischen Disposition gestellt – das Urteil „abgelehnt“ haftet ihnen an. Trotzdem wenden sie sich nicht an den Betrachter in Form einer Anklage.
Zu Bedenken gilt es in erster Linie den Kontext, in dem diese Arbeiten entstanden sind. Den Moment des Nichtannehmens, des Nichtakzeptierens in sich bergend, sind sie ein Schritt voran im künstlerischen Dialog mit der Umwelt – ein Schritt der Kritikbildung gegen den willkürlichen Umgang mit sensiblen Kategorien wie Begabung, Talent, Eignung. Und sie sind Ausdruck des Willens, sich einer Kritik zu stellen, in eben diesem Dialog voranzukommen und die eigene Position zu entwickeln – die Möglichkeit also, etwas zu lernen. Die AusstellungsmacherInnen wenden sich gegen den Anspruch auf Ausschließlichkeit, der mit der Formulierung des Ablehnungsschreibens verbunden ist. Es wird bezweifelt, dass die Kategorie „Begabung“ eine Wahrheit sei und also eine Wirklichkeit für sich beanspruchen darf. Dass ein Urteil gefällt werden kann mit diesem Begriff als Begrenzung, mit der Anmaßung, zu entscheiden, dass das Kunst sei, was von diesem Wort umzäunt ist. Dahinter steht der schlichte und populäre Glaube, dass „Kunstmachen“ an diese Begabung gebunden sei – anstatt an den freien Willen, an Erfahrung, Zweifel und Hartnäckigkeit. Wer studiert Kunst? Hierüber entscheidet die Hochschule, die Auswahlkommission der zwei Aufnahmerunden,bewaffnet mit den Instrumenten der subjektiven Einschätzung und den begrifflichen Vorlagen der Kunsthochschulzugangsverordnung. Für die Hochschule ist der Vorgang hiermit abgeschlossen und legal abgesichert.
Die affirmative Verwendung von Begriffen aus dem Gesetzestext hat aber Konsequenzen, die weiter reichen als das pragmatische Aussieben aus zu vielen Bewerbungen. Die im Grunde ephemere und überaus poröse Formulierung der „mangelnden Begabung“ dient als Basis für eine Kategorisierung, die für jede einzelne BewerberIn einen Punkt des Lebensweges markiert. Ein eigentlich banaler Vorgang, der Erhalt eines maschinell erstellten, nicht personalisierten Schreibens, fügt sich als Urteilsspruch in die Biografie. Dient unsere Hochschule denn als Aufbewahrungsort für begabte Überflieger? Ist sie nicht vielmehr als großer steinerner Container von verzweigten Möglichkeiten zu sehen, in dem sich alle Studierenden ihren eigenen Blick erarbeiten müssen? Diese Möglichkeit sollte im Beuysschen Sinne allen zugesprochen werden – die praktische Seite einmal beiseite gelassen. Tatsächlich kann nur ein geringer Teil der Kunstwilligen zum Studium zugelassen werden. Und am Ende können die allerwenigsten das künstlerische Arbeiten als ausschließliche Einkommensquelle in ihrer Steuererklärung angeben. Vermutlich werden diejenigen, die sich auf Grund der Ablehnung für eine andere Profession entscheiden, zuletzt und am besten lachen. Aber die Freiheit, zu der das Kunststudium noch immer und trotz allem erzieht, möchten wir allen zugestehen, die sich dazu entschließen, sich ihr zu stellen.
Wir sagen, wir verweigern uns, uns theoretisch auseinander dividieren zu lassen, wir verweigern das Gift des klaren Begriffes.
(Marguerite Duras)
* Es gelten für die jeweiligen Studiengänge, ob Musik, Architektur, Gestaltung, ect. völlig verschiedene Eingangsvoraussetzungen. Die Konstellation der hier Ausstellenden ist daher nicht repräsentativ für die Gesamtheit der BewerberInnen.